Pressemitteilung zur Podiumsdiskussion "Grün statt Grau"
In Sachen biologische Vielfalt in Gewerbegebieten sowie Standards im betrieblichen Umweltschutz gibt die Firma Dietz in Neustadt den Ton an
BUND Naturschutz, Landesbund für Vogelschutzbund und die Altstadtfreunde hatten Industrie, Politik und Bürger nach St. Augustin eingeladen.
GRÜN STATT GRAU - BIOLOGISCHE VIELFALT IN DER STADT
Welche Bedeutung dieses Thema für uns alle hat konnte das Publikum der Rede des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder anlässlich des Internationalen Tages biologischer Vielfalt im Mai 2022 erfahren. Zitat, Dr. Söder:
„Wir dürfen diesen Planeten nicht schlechter unseren Kindern übergeben, als wir ihn selbst empfangen haben. “ Weiterhin fordert Herr Söder die Bürger auf, das Artensterben nicht tatenlos hinzunehmen. Die Gesellschaft soll Raum schaffen, in dem sich Arten wieder entwickeln können, überall in der Welt oder zuhause.
Jonas Kaufmann, der Regionalreferent des BUND Naturschutz für Oberfranken erläuterte in seinem Impuls-Vortrag die Bedeutung von Stadtnatur und deren Erhalt für die Gesellschaft. Wie wichtig der Schutz der Stadtnatur ist und dass er auch von der Gesellschaft so wahrgenommen wird, habe das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ gezeigt. Das Volksbegehrten besteht jetzt seit vier Jahren hat dennoch nicht alle Ziele erreicht. Die Bereitschaft der Bevölkerung aber, etwas zu ändern ist nach wie vor hoch.
Laut Jonas Kaufmann dienen „die Grünflächen, Stadtbäume und Stadt-Biotope… nicht nur als Rückzugsort für die Natur, sondern sind auch elementar, um unsere Städte für die Herausforderungen des Klimawandels fit zu machen.“
Für ein gesundes Stadtklima brauche es außerdem Frischluftschneisen, Totholz für den Eremiten-Käfer, Brachflächen und Speichermöglichkeiten für Wasser gegen Starkregenfälle. Andererseits weise der aktuelle Klima-Atlas gerade die Altstadt und die anschließenden Gewerbegebiete von Coburg als Hotspots aus. Deshalb gelte es v.a. die öffentlichen Plätze zu entsiegeln, den ÖPNV zu stärken und die PKW´s in Parkdecks unterzubringen. Besonders die Stadtbäume seien wichtig für die Lebensqualität der Stadt. Nach Erhebungen des BUND seien im letzten Jahrzehnt 300 000 Bäume verloren gegangen. Im Abwägungsprozess schlage das Baurecht immer noch die Baumschutzverordnung und den Naturschutz. Die Wertigkeit sei von der Politik noch nicht erkannt. Hier müsse ein Umdenken erfolgen.
Albertsplatz vor der Sanierung 2009 und heute Foto: Altstadtfreunde Coburg e.V.
Stimme aus dem Publikum:
„Mir ist unbegreiflich, dass Bürger für den Erhalt von Bäumen immer noch auf die Straße gehen müssen.“
Auf dem Podium diskutierten:
Johannes Wagner, MdB Grüne, Jonas Glüsenkamp, 2. Bürgermeister von Bamberg, Grüne, Susann Wohlfarth, Umweltbeauftragte der Fa. Dietz, Neustadt b. Coburg, Stefan Sauerteig, Klimaschutzbeauftragter und Stadtrat Coburg, SPD.
Johannes Wagner wies daraufhin, dass Herzinfarkte und Übersterblichkeit in den Ballungsräumen fünfmal so viele Todesopfer forderten, wie der Straßenverkehr. Laut WHO starben im vergangenen Sommer in Europa ca. 15.000 Menschen an den Folgen der Hitze. Auch er mahnte an, dass einfach noch das Bewusstsein in Teilen der Gesellschaft und der Politik fehle, dass wir nicht mehr so weitermachen können, wie bisher.
Trotz mehrfacher Anfrage der Veranstalter fand sich kein Vertreter der CSU oder eines Coburger Unternehmens für das Podium. Es ist deshalb umso erfreulicher, dass sich Fr. Wohlfarth von der Fa. Dietz in Neustadt, ein in der dritten Generation geführtes Familienunternehmen, für die Diskussion bereit erklärte. Ziel sei es, die Fa. ohne Altlasten an die nächste Generation weiterzugeben, so Wohlfarth. Wohl auch deshalb hat der betriebliche Umweltschutz in den letzten Jahren bei Dietz an Bedeutung gewonnen.
Nach Aussage von Frau Wohlfarth ist die Fa. Dietz das erste produzierende Unternehmen im Landkreis Coburg, das eine EMAS-Zertifizierung hat. EMAS bedeutet, dass die Unternehmen angehalten sind, die Auswirkungen ihres Handelns auf die Umwelt zu verbessern. Nach einer externen Prüfung erfolgt dann die Eintragung in das EMAS-Register. Folgende Maßnahmen hat die Fa. Dietz in den letzten Jahren schon durchgeführt: Ganz bewusst wurde beim Neubau des Verwaltungsgebäudes im Jahr 2020 ein alter Baum, eine Rotbuche, einbezogen und dieser während der Bauarbeiten auch besonders gepflegt. Die Erhaltung des Baums war der Fa. Dietz ein wichtiges Anliegen.
Das Dach des neuen Verwaltungsgebäudes wurde begrünt und dadurch ein Ausgleich für versiegelte Flächen geschaffen. Weiterhin wirkt sich die Begrünung positiv auf das Gebäudeklima aus. Überschüssiges Regenwasser wird in einen firmeneigenen Löschteich geleitet. So wird Schäden durch mögliche Starkregen vorgebeugt.
Alle Mitarbeitenden der Fa. Dietz profitieren von einem starken Grünen Mine Set des Führungsmanagements. Aber auch die Mitarbeitenden selbst bringen konkrete Verbesserungsvorschläge ein. Im Jahr 2022 hielt Dietz eine Umweltwoche ab in der mehr Bezug auf die Umgestaltung des Firmengeländes genommen wurde.
„Wir wollen über die Außenanlage mehr Wohlbefinden am Arbeitsplatz erreichen. Mehr Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeitern schafft mehr Zufriedenheit und eine größere Bindung an das Unternehmen.“ Der geplante Betriebsgarten soll eine neue Möglichkeit für die Kommunikation und Anregungen für die Umsetzung von Biodiversität zuhause bieten. Für diese Maßnahmen musste Dietz anfangs bei den Marktpartnern Überzeugungsarbeit leisten, aber mittlerweile legen die Kunden, wie auch die Mitarbeiter deutlich mehr Wert auf den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen.
Herr Sauerteig räumte ein, dass in der Vergangenheit in Coburg nicht alles optimal gelaufen sei. Nur mit Bewältigung der Klimakrise könne auch unser Wohlstand erhalten werden. Altlasten müssen beseitigt werden. Allerdings müssten Klimaschutz und Wirtschaft zusammengehen.
Die Anfrage von BUND Coburg beim Versicherer HUK hat ergeben, dass die Kosten des Klimawandels im Zeitraum von 2000-2021 auf 145 Milliarden Euro geschätzt werden. „Wie diese Kosten in Zukunft vermieden werden können, ist eine der dringendsten Fragen der globalen Politik und Wirtschaft.“ Schreiben HUK, Gebel v. 06.03.2023.
Im Jahr 2022 appellierte Jonas Glüsenkamp, 2. Bgm. Bamberg, an die Unternehmen und Gewerbegebiete, Freiflächen zu begrünen und die Artenvielfalt und damit das Lokalklima zu verbessern. Dennoch ist mit dem „LEZ14“ ein riesiges Einkaufszentrum auf der grünen Wiese entstanden. 22.000 Quadratmeter für Mietfläche und Fläche für 780 PKW - Stellplätze wurden versiegelt. Jonas Glüsenkamp, ist darüber nicht glücklich, aber so funktioniere nun mal Demokratie. Die Grünen in Bamberg sind froh, wenigstens ein Gründach, eine PV- Anlage und Fahrradständer durchgesetzt zu haben.
Mittelfristig, so Glüsenkamp, werden nur die Firmen überleben, die eine nachhaltige Klimapolitik fahren. Die anderen gibt es dann nicht mehr.
Es reiche nicht, irgendwo 1000 Bäume zu pflanzen, die dann gepflegt werden müssten, es müssten sinnvolle Maßnahmen direkt am Betriebsgelände umgesetzt werden.
Peter Aisher, hat als Wissenschaftler und Familienvater die Sorge, dass ihn seine Kinder in 20 Jahren fragen: „Papa du bist doch Wissenschaftler. Warum hast du nichts getan? Alle haben die Möglichkeit etwas für Natur und Klimaschutz zu tun! Oft fehlt es an Informationen, oder man weiß nichts von den Angeboten von Vereinen und Verbänden, sich gemeinsam vor Ort zu engagieren.“ Er entwickelt deshalb gerade eine Software, für eine bessere Anwendung von Umweltstandards. „Wir müssten die richtigen Entscheidungen attraktiver machen.“
Susann Wohlfarth, Fa. Dietz wünscht sich zur Umsetzung der Umweltziele eine bessere Kommunikation mit anderen Firmen und bessere Beratung durch die Kommune. Jonas Glüsenkamp, Susann Wohlfarth und Stefan Sauerteig sind sich einig, dass man gemeinsam überlegen müsse, wie eine EMAS-Zertifizierung in möglichst vielen Unternehmen der Regionen erreicht werden kann.
Altstadtfreunde Coburg
Landesbund für Vogel- und Naturschutz
BUND Naturschutz
Für Fragen: Telefon 09561 95762 oder
E-Mail: coburg@bund-naturschutz.de
